Zack und weg!

Kaum stehe ich da, gerade ausgezogen und will mit dem Duschen beginnen, fällt der Strom aus. Licht aus. Musik aus. Fernseher aus. Und, zack!, wird es draußen laut: Sucht die Lampen! Und ich ärgere mich: Warum habe ich ausgerechnet heute keine Lampe dabei?! Dann fange auch ich an zu überlegen, wie ich nun am Einfachsten an meine Lampe komme. Erstmal wieder etwas anziehen…doch es ist stockdunkel…gar nicht so einfach. Nachdem ich es dann in mein Zimmer geschafft habe, kamen auch schon die Kinder, denen es nun vor dem schweigenden Fernseher zu langweilig geworden war und fragten, ob wir nicht einen Film auf meinem Laptop gucken könnten. Der hat ja schließlich eine Batterie und läuft dementsprechend auch bei Stromausfall. Ich sagte „Vielleicht später“ und verschwand mit Lampe wieder in der Dusche. Wäre ja schade, wenn mein mühsam erwärmtes Wasser kalt werden würde. Nach dem Duschen entdeckte ich die Kinder dann mit Schulbüchern, Stiften und einer Lampe am Tisch. Sie lernten! Wovon sie vorher durch den Fernseher abgehalten wurden, wurde durch den Stromausfall dann doch interessant. In dieser Situation musste ich mich an kritische Stimmen erinnern, die die Zielsetzung, jeden Haushalt mit Strom zu versorgen, in Frage stellen. Sollte es wirklich das Ziel sein, alle Leute vor die Fernseher zu bringen?! Ich weiß es nicht…wahrscheinlich aber schon…irgendwie.

Später am Abend kehrte der Strom dann zurück und 3-mal dürft ihr raten was dann spannender war. Natürlich wieder die Flimmerkiste. Eine Gruppe von Leuten schweigend vor dem Fernseher.

Hört sich jetzt vielleicht ein bisschen so an als wären meine Gastgeschwister absolute Fernsehjunkies. Sind sie aber eigentlich gar nicht! Meist sind sie total aufgeweckt und aktiv, am Herumtollen oder Aufgaben erledigen. Aber wie gesagt…häufig fesselt sie auch der Fernseher.

Natürlich muss auch ich sagen, dass ich die Ablenkwirkung von Geräten wie Fernsehern oder Computern bestens selbst kenne. Wie oft habe ich früher einen Abend vor dem Computer verbracht und musste am nächsten Morgen in der Schule beichten die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben.

Ich möchte meinen Leuten hier auch auf keinen Fall den Fernseher vorenthalten, aber wenn es zu jeder Zeit für die Kinder heißen würde, „fernsehen oder lernen“, dann wäre ich wohl für den permanenten Stromausfall.

Gut jedoch, dass sie das Mittelmaß zwischen fernsehen und lernen meist von allein finden. Trotzdem hat mich die Situation so sehr beeindruckt, dass ich darüber schreibe.

Also, wie schon gesagt: Im Endeffekt muss es wohl die Lösung sein, ein gesundes Mittelmaß zu finden. Wie bei so vielen Dingen im Leben.

Hier die 3 Rabauken:

Kämpfen mit dem großen BruderKämpfen mit dem großen Bruder, Ema und Franki

GeschwisterliebeGeschwisterliebe! ❤ Ema und Maria

Unzählige Stromausfälle später…

Es ist lange her, dass man das letzte Mal etwas von mir hörte. Dafür möchte ich um Entschuldigung bitten…ich weiß zwar nicht ob es angebracht ist, aber ich möchte es.

Dass ich so lange nicht geschrieben habe, hat natürlich auch einen Grund: Es ist viel passiert!

Aber jetzt möchte ich mal wieder versuchen euch meine Erlebnisse zu schildern und euch zu berichten, was ich hier so treibe.

Der längste Stromausfall seit dem ich hier bin ist am Freitag zu Ende gegangen. Fast zwei Wochen notgedrungener Verzicht auf Strom in Sombetini. Außer natürlich bei denen, die sich eine Solaranlage leisten können. Aber das können hier nicht viele. So weit ich weiß gab es die letzten zwei Wochen aber in ganz Arusha Versorgungsprobleme und selbst bei KAKUTE wurden noch einige Solarpanel extra aufs Dach geschraubt, um den Energiebedarf zu decken. Mich hat der Stromausfall dementsprechend weniger gestört, denn alle meine elektrischen Geräte konnte ich problemlos bei der Arbeit laden. Ich habe schon oft darüber nachgedacht, welches die nützlichsten Dinge für mich hier sind. Ganz weit oben rangieren auf jeden Fall meine Stirnlampe und das Moskitonetz. Ohne Licht ist es wirklich schwierig die Abende herumzukriegen und sich im Haus und draußen zu orientieren. Leider nutzen viele der Leute in Sombetini (auch an jedem anderen Ort in Tansania) in Zeiten von Stromausfällen altmodische Kerosinlampen. Diese Lampen brauchen viel Energie und geben wenig Licht. Ein sehr unwirtschaftliche und unökologische Rechnung. Es wäre sicherlich sinnvoll auf kleine Solarlampen umzusteigen. Doch es gibt einige Gründe, warum sich der Umstieg nur so langsam vollzieht. Der schwerwiegendste Grund ist wahrscheinlich der Preis der Solarlampen. Nur wirklich wenige können sich hier eine solche Lampe leisten.

Kurz- oder Mittelfristige Abhilfe könnte die deutsche Firma „Mobisol – Plug in the World“ schaffen, mit der wir bei KAKUTE Tür-an-Tür zusammenarbeiten, denn Mobisol verkauft SHS (Solar-Home-Systems) auf Prepaidbasis und sorgt damit dafür, dass sich auch nun auch viele mittelständische Tansanier eine eigene Solaranlage leisten können. Das Angebot reicht von einer 30W-Anlage für 15.000 TSH (umgerechnet ca. 7,50€) im Monat bis zu einer 200W-Anlage für 71.000 TSH (umgerechnet ca. 35,50€) im Monat und dazu gibt es bei jedem System noch eine mobile Solarlampe, die den Weg erhellt. Mit diesem Verkaufssystem ist Mobisol derzeit sehr erfolgreich und stark am expandieren. Vor ein paar Wochen kam einmal wieder Nachschub aus China: Solarpanel, Batterien, Kabeln und so weiter. Simon und ich hatten das Gefühl, dass wir den Leuten von Mobisol einen Gefallen schuldig waren und so entschieden wir uns kurzfristig, obwohl wir eigentlich auf den großen Altkleidermarkt in Tengeru wollten, an unserem freien Samstag zu helfen. 50 Tonnen (natürlich aufgeteilt in viele „leichte“ Teile) Material mussten bewegt werden, 24 Arbeiter. Da kann man ja mal rechnen, was denn so jeder durchschnittlich geschleppt hat. War auf jeden Fall eine wirklich anstrengende Arbeit und die Leute von Mobisol waren uns dann auch sehr dankbar.

Was ich mir abgewöhnen will, ist der ständige Vergleich von Situationen und Preisen in Deutschland und Tansania. Es ist einfach nur sehr schwer vergleichbar. Für das Ausräumen der zwei Mobisol-Container haben die angeheuerten Arbeiter Getränke, ein Mittagessen und jeder 15.000 TSH bekommen. Das sind umgerechnet ca. 7,50€ – In Deutschland ist das ungefähr Stundenlohn. Außerdem habe ich mir sagen lassen, dass viele der Arbeiter bei einem weniger großzügigen Arbeitgeber, sonst für 10.000 TSH (ca. 5€) den ganzen Tag Zementsäcke schleppen. Auch die Preise für Essen sind nicht vergleichbar. Wir gehen z.b. nahezu jeden Mittag in einem lokalen Restaurant essen, in dem wir eine richtig große Portion leckeres Essen für 2000 TSH (ca. 1€) bekommen. In Deutschland bekommt man für 1€ nen Burger bei McDonalds, aber da kann man weder von große Portion, noch von lecker reden. Soweit ich weiß gibt es hier in Tansania noch nicht einmal McDonalds.

Aber wieder weg von McDonalds. Ich hatte Malaria! Zumindest bin ich sehr überzeugt davon, dass es Malaria war, einen Test bei einem Arzt habe ich jedoch nicht mehr geschafft. Man muss es sich so vorstellen: Ich bin an einem Freitagabend topfit ins Bett gegangen und am Samstagmorgen durchgeschwitzt, fiebrig, völlig schlapp und mit Kopf- und Gliederschmerzen aufgewacht. Da habe ich wirklich nicht mehr das Verlangen gehabt einen Arzt aufzusuchen. Nach kurzer Rücksprache mit Mama Neema und Neema gab es dann sofort grünes Licht für die Anti-Malaria Medikamente. Den Samstag und Sonntag verbrachte ich dann in einer Art gequälten Dämmerzustands entweder auf dem Sofa oder in meinem Bett. Am Montag wurde es dann wieder besser. Ich nahm wieder, wenn auch noch sehr eingeschränkt, am Leben teil. Bis Mittwoch erholte ich mich dann und konnte am Donnerstag wieder zur Arbeit gehen.

Ich denke, ich kann sagen, dass die Malaria, die heftigste Krankheit war, die ich bisher in meinem Leben durchgemacht habe. Ich war vorher noch nie so krank gewesen. Man kann zwar sehr darauf achten, sich die Mücken vom Leib zu halten aber ich denke, dass es einfach nicht möglich ist sich vor allen Stichen zu schützen. Es kommt immer mal eine Mücke durch. Bei mir war leider eine mit Malariaerreger dabei. Es hat wohl auch ein bisschen etwas mit Glück zu tun.

Trotzdem sollte man sich nicht zu sehr auf sein Glück verlassen, und die üblichen Ratschläge wahrnehmen. Für das Jahr 2010 hat die WHO (World Health Organization) berechnet, dass ca. 660.000 bis 1,2 Millionen Menschen an Malaria gestorben sind. Diese Krankheit ist und bleibt ernstzunehmend! Ein tansanischer Freund von mir pflegt zu sagen: „Ich respektiere und akzeptiere alle Lebewesen auf diesem Planeten, bis auf Moskitos!“ Dem schließe ich mich an.

Letztens haben wir hier eine spektakuläre Brunnenreinigung durchgeführt. Vorliegendes Problem war: Die Wasseroberfläche des Brunnens war bedeckt mit abgerissenen oder hinuntergefallenen Eimern, sodass man mit einem von oben kommenden Eimer kein Wasser mehr schöpfen konnte. Um dieses Problem anzugehen bastelten Rosi, Mary und William (ein paar meiner Mitbewohner) an einem ca. 15 Meter langen Stock/Hacken Konstrukt. Mit diesem Konstrukt haben sie dann auch wirklich einen Eimer hochziehen können, doch beim Hochziehen ist das Konstrukt gebrochen und es musste nach einer einfacheren Lösungsmöglichkeit gesucht werden. Da kam der schlanke Mushi vorbei und meinte doch kurzentschlossen, dass wir ihn in den Brunnen abseilen könnten. Ich war völlig überrascht, doch ich habe ihm diese Idee nicht ausgeredet, denn ich dachte mir, dass er wüsste, auf was er sich einlassen würde. War ja sicher nicht das erste mal, dass der Brunnen bereinigt werden musste. So überprüfte ich das Seil mehrfach auf mögliche Schwachstellen und wir fingen wirklich an Mushi in den 14 Meter tiefen Brunnen abzuseilen. Was eine Aufregung! Unten angekommen konnte Mushi uns zwei der kaputten Eimer ans Seil hängen. Wir zogen die beiden Eimer hoch und da kamen von unten auch schon die ersten Rufe: „Haraka, haraka!“, „Schnell, schnell“. Zuerst dachte ich, dass der Mann in dem Brunnenwasser frieren würde. Als wir ihn dann aber in Windeseile wieder hochgeholt hatten, sagte er uns, dass unten kaum Sauerstoff zum Atmen sei. Hätte man sich auch vorher denken können.

Naja, es ist glücklicherweise nichts schlimmeres passiert und wir können nun wieder Wasser zum Duschen oder Wäschewaschen aus dem Brunnen holen. 3 von 5 Eimern haben wir insgesamt hochgeholt. Mehr als 50%.

Zusammen mit einem Freund, habe ich vor meiner Haustür einen Komposthaufen gebaut. Ein schöner Mix aus Bananenblättern, kleinem Astwerk, Küchenabfällen und Kuhmist. Habe so etwas zwar noch nie gemacht, aber ein kleines bisschen Vorwissen habe ich ja und eine optimistische Einstellung, zumindest dem Komposthaufen gegenüber.

Sehr pessimistisch und fast schon deprimiert bin ich im Moment über die aktuellen klimapolitischen Entwicklungen. Der Klimagipfel in Warschau lässt sich mit einem „Das-war-wieder-nix“ abhacken, in Australien glaubt die politische Führung nicht an den Klimawandel und will den Kohleabbaubau wieder stärker fördern und auch die Große Koalition in Deutschland will die Energiewende bremsen und begrenzen. Das bereitet mir Sorgen. Stehen doch die aktuellen Entwicklungen den meisten Empfehlungen von führenden Wissenschaftlern ein bisschen bis komplett im Weg. Aber ich weiß auch, dass es viele empörte Menschen gibt, die versuchen Widerstand zu leisten. Wie z.B. die 16.000 Menschen, die am Samstag vor dem Kanzlerinamt dafür demonstriert haben die Energiewende zu retten. Meine Mutti war auch dabei! Und ich möchte hier jetzt allen Menschen danken, die in der Kälte da waren und für eine sichere, grüne Energieversorgung demonstriert haben und sich damit für eine lebenswert Zukunft eingesetzt haben. Danke!

Passend dazu: Bei mir, hier in Sombetini, ist der Strom gerade wieder ausgefallen. Soll wohl ein Zeichen sein diesen Eintrag jetzt zu beenden.

Falls es noch irgend wen interessiert, ich habe gerade angefangen das Buch „Befreiung vom Überfluss – Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie“ vom Wirtschaftsprofessor Niko Peach zu lesen. Er beschreibt in dem Buch einen möglichen Ausweg aus der Ressourcen- und Klimafalle auf die die Welt derzeit zusteuert. Sehr interessant.

Ich wünsche euch allen und mir, dass der nächste Blogeintrag hier in naher Zukunft erscheint und ihr diesmal nicht so lange warten müsst.

Schöne Zeit und bis bald.

Der nachdenkliche Tim 🙂

Noch ein Zitat zum Nachdenken:

Thich Nhat Hanh
„Was unsere Zeit am dringlichsten braucht, ist, dass wir Menschen in uns hinein lauschen und dort die Erde weinen hören.“