Kleinigkeiten

Was ich mit meiner Berichterstattung auf jeden Fall nicht möchte ist, dass bei euch ein falsches Bild von Tansania oder gar von ganz Afrika entsteht. Sicher ist es hier ganz anders als bei uns in Deutschland und es gibt immer noch ganz viel Neues für mich zu entdecken. Was ich hier jedoch berichte kann niemals alle verschiedenen Facetten des Lebens hier in Tansania oder noch genauer gesagt, hier in Arusha, abdecken. Es ist immer nur das, was und wie ich es erlebe.

Dazu habe ich ein gutes Zitat gefunden:

Das Problem mit den Vorurteilen ist nicht, dass sie nicht wahr, sondern, dass sie unvollständig sind. Sie lassen eine Geschichte die einzige Geschichte werden.

– Chimamanda Adichie

Also, nach dieser kleinen Einführung möchte ich euch jetzt noch ein, zwei Worte zum Inhalt sagen.

Ich habe in diesem Beitrag verschiedene kleine Situationen in Worte gefasst, die ich auf irgendeine Weise besonders fand. Was wohl auffällig ist, ist das die meisten dieser Situationen im Daladala passierten. Ja, im Daladala verbringe ich wohl jeden Tag mehr als 1 Stunde und 20 Minuten. Ein sehr langer Weg zur Arbeit.

Man ist abends auf dem Weg zur Duka (kleines Geschäft, in dem man alles Mögliche kaufen kann) und wird von zwei Schulkindern mit „Good morning!“ gegrüßt. Man erklärt den Beiden, dass „Good morning!“ eine tageszeitabhängige Begrüßung ist und am Morgen bzw. Vormittag benutzt wird. Abends heißt es dann „Good evening!“. Man fragt die Beiden ob sie es verstanden haben und sie nicken. Man dreht sich mit dem guten Gefühl um, dass die Beiden es vielleicht wirklich verstanden haben und geht 2 Schritte, da ertönt ein Ruf, dass man sich doch nochmal umdrehen solle. Man dreht sich um und da stehen die Beiden mit aufgesetztem traurigem Blick und offenen Händen, bettelnd. Ich dachte, ich werd zum Zebra.

Man ist auf dem Weg zur Arbeit, sitzt im Daladala und quatscht mit seinem Sitznachbarn auf Kiswahili. Nach einiger Zeit fragt dieser einen, ob man ihm nicht Deutsch beibringen könne. Schwierige Sache, dieses Deutsch, versucht man seinem Gesprächspartner zu erklären, ohne dabei gemein zu klingen. Gegen alle Erwartungen fängt dieser dann jedoch auf Deutsch an zu erklären, dass es nicht schlimm sei, dass man es ihm nicht beibringen könne. Er würde es eh schon sprechen. Er arbeitet nämlich als Touristenguide und hat irgendwann früher mal Deutsch gelernt. Bevor er aussteigt fragt er noch, ob er für einen die Fahrt bezahlen dürfte. Ich lehnte dankend ab und war baff, aber irgendwie auch mal wieder fasziniert.

Man will sich einen Softdrink kaufen und fragt nach dem Preis. Der Verkäufer antwortet, 1500 Tansanische Schilling. Man sagt, dass man den normalen Preis aber sehr wohl kennt. Der Verkäufer guckt ein bisschen beschämt und man bezahlt den normalen Preis, 1000 Tansanische Schilling. Irgendwie eine komische Situation für beide.

Man geht durch die Stadt und es kommt ein Mann auf einen zu, dessen Geschichte man schon kennt. Er ist krank und muss sich Medikamente kaufen. Er hat auch ein Rezept dabei. Man hat diesen Mann vor einiger Zeit schon einmal getroffen. Dieses Mal begrüßt der Mann einen, man grüßt zurück und fragt ob er immer noch krank sei und Medikamente kaufen müsse. Der Mann geht ohne einen Ton weiter und fängt gar nicht erst an seine Geschichte zu erzählen. Masche durchschaut. Vielleicht klappt es bei den nächsten Weißen.

Man sitzt abends im Daladala und will eigentlich nur nach Hause. Da steigen zwei Herren dazu und grüßen einen. Man grüßt natürlich zurück. Aus dem Gruß wird ein Gespräch und daraus eine interessante Diskussion über Unterschiede zwischen Deutschland und Tansania. Zwischen Europa und Afrika. Mit so etwas rechnet man nicht.

Man sitzt nach der Arbeit im Daladala und einem gegenüber sitzt ein Mann der augenscheinlich sehr müde und erschöpft ist. Ständig fallen ihm die Augen zu, doch er schafft es jedes Mal, sie wieder für einige Sekunden aufzureißen. Nach einigem auf und zu gehen die Augen nicht mehr auf und der Mann kippt langsam zur Seite. Sein Kopf legt sich ganz langsam auf die Schulter seiner Sitznachbarerin. Ganz im deutschen Denken fragt man sich, wann denn wohl die Schulter zuckt, um den fremden Schlafenden von der Schulter zu verscheuchen. Doch die Schulter zuckte nicht. Er durfte schlafen. 🙂 Sehr aufopferungsvoll und einfühlsam.

Das waren meine „Kleinigkeiten“!  Vielleicht ist ja etwas spannendes oder anregendes für euch dabei gewesen 😉 Über Kommentare würde ich mich nämlich freuen.